Performances von Luzia Schupp-Maurer. Sie ist Buchautorin und Künstlerin und arbeitet mit Skulptur, Installation, Performance und Zeichnung.
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Waiting Dog |
Vergebung : Abbitte |
Standing Acts |
Living [ _ ] Identity |
Aktion - RE - Aktion |
Waiting Dog
Bremen, 2022 Aktion mit Säule und Wandbild aus abgerissenen Plakaten
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1. Tag: mit Schild:
2. Tag: mit Schild: |
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3. Tag: mit Regenschirm |
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Hund mit Schild: |
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Hund wartet... |
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Vergebung : AbbitteBlumenniederlegung am Bremer Spuckstein
Bremen, Innenstadt, 2005, 2021, 2023
Wenn in der Bremer Innenstadt die Touristenbahn auf den Domshof fährt, ertönt daraus eine Tonbandstimme, die den sog. Spuckstein in einem knappen Nebensatz erwähnt, mit dem Hinweis: »Da können Sie draufspucken.« Der Spuckstein ist ein unauffälliger Basaltstein mit eingekerbtem Kreuz auf dem Domshof. Er erinnert an die Hinrichtung der Gesche Margarethe Gottfried, die im Frühjahr des Jahres 1831 dort vor 35.000 Zuschauern enthauptet wurde, weil sie 15 Menschen mit Arsen vergiftete. Die Erzählung besagt, dass der Stein an der Stelle eingelassen wurde, wo ihr abgeschlagener Kopf hingerollt und liegengeblieben war. Als Zeichen der Verachtung gibt es seitdem die Tradition, im Vorbeigehen darauf zu spucken. |
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Gottfrieds Körper wurde nach der Hinrichtung im Pathologischen Institut der Bremer Krankenanstalten skelettiert und in einem Schrank aufbewahrt. Vom Kopf wurden Abdrücke genommen und Totenmasken angefertigt, die nach England und Frankreich gelangten und dem Studium der Physiognomie von Straftätern dienten. Der echte Kopf der Gesche Gottfried wurde in Formaldehyd eingelegt. Erst im Ersten und Zweiten Weltkrieg verbrannten diese letzten Teile ihres Körpers und konnten damit endlich der Ausschlachtung durch Zurschaustellung entgehen und (sozusagen) ihren Frieden finden. Bis heute spucken Touristen auf den Gedenkstein. Sie urteilen beiläufig nicht nur über die Tat, sondern über den Menschen – allein aufgrund einer Erzählung. |
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Gesche Gottfried hat getan was sie getan hat. Wir haben getan, was wir getan haben. Ich bitte sie um Vergebung. Und wünsche mir, dass alle ihren Frieden finden. So reinige ich den Stein und lege Blumen nieder.
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Blumenniederlegung Februar 2023. An diesem Tag hatte bereits jemand Blumen und Kerzen um den Stein aufgestellt. Der Stein in der Mitte war mit Auswurf bedeckt. |
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Wirkung und Anmerkung |
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Standing Acts |
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Bei den Standing Acts stehe ich an unterschiedlichen Orten. Meist tue ich nichts, bewege mich nicht, sage nichts,
oder ich wiederhole gleichförmig und still eine Handlung oder Bewegung.
Mein Blick ist ins Leere gerichtet. Die Kleidung ist alltäglich, es gibt keine Kamera und keine begleitenden Personen.
Mal sind die Aktionen vorbereitet, mal entstehen sie spontan. Die Dauer ist unterschiedlich, mindestens aber 45 Minuten.
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Youth – NatureStanding ActBremen, Weseruferpark, 2015 |
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Ich stehe im Weseruferpark an einer zentralen Stelle, bewege mich nicht, sage nichts, mein Gesicht ist entspannt.
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(Foto nachgestellt) | |||||||||
Breathing with a WarriorStanding ActBremen, Neustadtswall-Anlagen, 2013 |
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Wieder stehe ich in einem Park, diesmal wiederhole ich langsam und gleichförmig eine Bewegung aus dem Qi Gong.
In einiger Entfernung setzen sich zwei Männer auf eine Bank und trinken Bier. Bald aber wird einer von ihnen unruhig, spricht sehr laut, ruft mir etwas zu.
Da ich nicht reagiere, kommt er laut schimpfend und mit Schlägen drohend auf mich zu. Unmittelbar vor mir bleibt er stehen und fordert mich zum Kampf auf,
schreit mich an, er wolle mich fertig machen, hebt die Fäuste und tänzelt vor mir hin und her. Dabei beschimpft er mich und fordert mich immer wieder auf,
zu kämpfen, schlägt in meine Richtung. Seine Fäuste landen keine 30 Zentimeter von meinem Gesicht entfernt.
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(Foto nachgestellt) | |||||||||
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Living [ _ ] Identity
Bremen, September 2004
In einem Käfig den Alltag verbringen. Das Gitter hat die Form einer menschlichen Figur. Kopf, Gesicht, Rumpf, Arme, Beine, Hände, Finger, Füße. Mein Körper muss sich in dieser vorgegebenen Form zurechtfinden und unterliegt den teilweise schmerzhaften Behinderungen des starren Metallkäfigs, der kaum Bewegung zulässt. |
In der Straßenbahn. Steifes Sitzen.
Versuch, den Kopf zu drehen. Die Nase wird dabei eingeklemmt. |
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Somit wird jede Bewegung zwangsläufig zu einem Sich-winden, Sich-wehren, zu einem Befreiungsversuch, der gegen das Gefängnis anarbeitet. Der Draht verformt sich durch die ständige wehrhafte Bewegung: Wo er sich an einer Stelle etwas weitet, klemmt er den Körper an anderer Stelle ein und bohrt sich dort, wo Risse entstehen, hinein und verursacht Verletzungen. Diese Haut aus Draht behindert mich nicht nur in meiner Bewegung. Mein ganzes soziales Leben wird eingeschränkt und in sehr statische Bahnen geleitet: Körpersprache, in all ihrer Feinheit und Individualität, wird reduziert und statisch. Mimik wird unter dem vorgeformten Gittergesicht schwer lesbar. Mein Gesicht wird quasi gerastert. Selbst Kleidung, Darstellungs- und Ausdrucksmittel, wird von dem Gitter überdeckt und so an den Körper gedrückt und verformt, dass sie als solches nicht mehr funktioniert. |
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Ich werde nur noch durch die Gitterfigur wahrgenommen, und das bestimmt meine gesamte Kommunikation, den gesamten sozialen Austausch. Ich bin nicht ich, bzw. was ich sein möchte, sondern die Person in DEM Gitter, in eben jener Figur, jener Form. Bestenfalls geht die Wahrnehmung so weit, dass ich die Person bin, die sich in dem Gitter bewegt, darunter leidet oder dagegen ankämpft. Andere Identitätskonstruktionen sind aber nicht möglich - wer oder was immer ich bin, ich bin es immer in Abhängigkeit meines Käfigs. |
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Fotos: Andrea Piok |
Cafészene. An den Handgelenken ist der Draht teilweise ein wenig aufgerissen. Die Finger sind zum Teil eingeklemmt, versuchen sich der Form des Gitters anzupassen, um eine schmerzfreie Ruheposition zu finden. Die Sonne scheint warm durchs Fenster. Auf dem Tisch steht eine Tasse Kaffee, mit Keks und Strohhalm. Ich rauche eine Ziggarette durch das Gitter vor meinem Gesicht. |
An einem Verkaufstresen. Die vom Draht
umgebenen Hände öffnen behutsam ein Portemonnaie. An vielen Stellen stehen kleine, spitze Drahtenden hervor. |
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Aktion - RE - AktionOttersberg, November 1998, ca. 45 Minuten
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Der Beginn der Performance Aktion-Re-Aktion:
Wir stehen vor einer weißen gemauerten Wand dicht voreinander, schauen uns wortlos an.
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Person A begeht eine Handlung h1 mit bzw. an Person B. B wiederholt diese an A und begeht an/mit A eine neue Handlung h2. Letztere (h2) wird wiederum von A an B wiederholt und eine neue Handlung h3 kommt ins Spiel... |
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Ich stehe bewegungslos da, den Blick starr und konzentriert geradeaus gerichtet. Geraldine geht mit langsamen, festen Schritten um mich herum, den Blick fest auf mich gerichtet. |
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Die Aktion war nicht vorbereitet, die Handlungen entstanden spontan. |
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Die Performancepartnerinnen kannten sich vorher nicht. "Spielregeln" oder Grenzen gab es nicht, außer dass die Handlungen jeweils an der Person durchzuführen waren und dass die jeweils letzte Sequenz wiederholt werden sollte. Das Ende war weder inhaltlich noch zeitlich festgelegt. Es gab lediglich die Möglichkeit, z.B. einfach zu gehen. |
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"Der Handlungsverlauf bekam einen abgehackten Charakter, da er sequenzweise wiederholt, also auch immer wieder unterbrochen wurde, und in diesen Momenten nahmen wir wieder die jeweils letzte Ausgangsposition ein. Handeln und geschehenlassen. Unsere Handlungen suchten auf diese Weise stets einen Bezug zueinander. Aus den Handlungsbögen zweier Personen wurde ein gemeinsamer Handlungsbogen. Teils vorsichtig, zögernd, teils zärtlich, teils aggressiv gegeneinander gerichtet." |
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"Und doch scheiterte diese Bezugnahme. Es entstand eine Einsamkeit, da die Reaktion, die Antwort jeweils verzögert erfolgte und die Bezugnahme lediglich zitathaft war. Eine wirkliche lebendige Kommunikation konnte nicht entstehen, war unmöglich. Handeln wurde strategisch, mechanisch. Unsere Beziehung wurde mechanisch - wir blieben uns fremd. Mehr noch: Die jeweils andere wurde und blieb ein Objekt." |
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